Der Gutshauspod - Wasserburg Divitz
Zeit ist ein in der Bewahrung historischer Gebäude entscheidender Faktor. Die Erforschung unterschiedlicher Zeitschichten und die Entscheidung über künftige Nutzungen im Sinne des Hauses können durchaus Jahre dauern. Gleichzeitig reichen wenige Jahre, in denen ein nicht mehr genutztes Haus erheblichen Schaden nehmen kann. Wo kann man dies besser beobachten als in Divitz?
Dabei steht der derzeitige Zustand von Divitz in einem grundlegenden Gegensatz zu seiner historischen Bedeutung. Die Ursprünge der auf einer Moorlinse errichteten Anlage sind im 13. Jahrhundert zu suchen, wenngleich der Nebel der Geschichte den Nachweis bestimmter Eigentumsverhältnisse erschwert. Was sich jedoch belegen lässt, ist, dass die Wahl des Standortes der Anlage wohl nicht ganz zufällig ist. Wir befinden uns im historischen Grenzgebiet zwischen Pommern und Mecklenburg, das formell bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts Bestand hatte. In Sichtweite der Burganlage befindet sich die alte Straße zwischen den Hansestädten Stralsund und Lübeck. Der Wassergraben und der Wehrturm mit seinen zwei Meter dicken Wänden erinnern an die ursprünglichen Zwecke der Anlage, die mehrfach erweitert worden ist.
Neben dem Wehrturm mit seinem beeindruckenden Giebel wurde noch vor dem Dreißigjährigen Krieg ein Festes Haus errichtet, da der Wehrturm für Wohnzwecke zunehmend ungeeignet schien. Ausgehend von diesem Festen Haus wurde die Anlage in der Barockzeit nach Osten hin erweitert. Zahlreiche Befunde an den Wänden und den Decken zeugen noch von dieser Zeit. Auf dem Putz haben sich zahlreiche und erstaunlich gut erhaltene Malereien von Sockelpanelen aber auch vielfach hölzerne Wandpanele erhalten. Hier und da finden sich Tapetenreste und Reste von Bordüren aus späterer Zeit. Fragmente von Tageszeitungen, die auf Leinen aufgetragen den Untergrund für die eigentliche Papiertapete bildeten, geben zeitlichen Aufschluss darüber, wann die Räume jeweils umgestaltet wurden, wie sie zuvor aussahen und welchen Eindruck sie nach der Umgestaltung machten. Erhaltene historische Fotos lassen die Fragmente lebendig werden.
Insbesondere in der Barockzeit änderte die Anlage ihr äußeres Erscheinungsbild. Sein Besitzer, Johannes von Lilienstedt, in diplomatischen Missionen für Schwedens König Karl XII. unterwegs, verhandelte und unterzeichnete 1721 den Frieden von Nystad, einem von mehreren Verträgen, die den Großen Nordirischen Krieg beendeten. Zwar ging dieser Vertrag zu Lasten Schwedens, das seine Großmachtstellung im Ostseeraum verlor. Divitz jedoch (das noch immer der schwedischen Krone unterstand) blühte weiter auf. Auf Lilienstedts Initiative hin wurde ab 1729 der Ostflügel in Divitz mit seinen beiden Eingangsportalen errichtet. Auch die große, sich über mehrere Fensterachsen erstreckende Bibliothek geht auf ihn zurück. Hier haben sich noch das französische nach Versailler Vorbild verlegte Parkett sowie der barocke Deckenstuck erhalten. Zahlreiche Bände der einstigen Bibliothek haben die Zeit an einem anderen Ort überdauert und sich glücklicherweise der Nachwelt erhalten.
In der Erbfolge gelangte die gesamte Anlage in den Besitz der Familie von Krassow, die sich in Person von Carl Reinhold von Krassow und in Wechselwirkung mit dem Sozialpädagogen Johann Heinrich Wichern große Verdienste im Bereich des Schulwesens erworben haben. Krassow beauftragte auch den preußischen Hofgärtner Gustav Meyer mit der Umgestaltung des Gartens in einem Landschaftsgarten. Meyer ist in Berlin kein Unbekannter: Ihm verdankt die Stadt die Planungen für den Volkspark Friedrichshain oder dem Treptower Park.
Divitz erzählt viele Geschichten und an der Anlage lässt sich exemplarisch die Landesgeschichte des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern verständlich machen. Schwere Beeinträchtigungen nagen jedoch an diesem Schatz. Die Melioration des nahen Umfeldes in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts führten zu Schäden bei der Gründung vor allem der Gebäudeteile aus dem 19. Jahrhundert. Die starken handbreiten Risse sind nicht zu übersehen. Zwar ist die Anlage mittlerweile als Bauwerk von nationaler Bedeutung anerkannt und sind Bundesmittel bereitgestellt worden. Doch ohne den regionalen Eigenanteil zur Ergänzung der Mittel scheint ein Beginn baulicher Maßnahmen nicht absehbar. Für das Gebäude bedeutet dies den fortschreitenden Verlust originaler Bausubstanz.
Immerhin: die Wiedervernässung des Umfeldes der Anlage und die Renaturierung der Barthe scheinen in greifbare Nähe zu rücken. Sie sind für die Gründung des Hauses von großer Bedeutung.
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